Das Konzept des Wiederaufbaus des Herrenhauses
Das Projekt "Gut Kleinbeeren" hatte zwei Aufgaben: 1. Wiederherstellung des nur noch aus vier schon teilweise eingestürzten Mauern bestehenden Herrenhauses aus dem 16. Jahrhundert, eines der wenigen nicht überformten Renaissancebauten in Brandenburg, und 2. die Entwicklung von dazu passenden Wohngebäuden auf dem Gelände des ehemaligen großen Gutshofes derer von Beeren. Dabei stand am Anfang, daß der frühere Eigentümer, die Stadt Berlin, nichts für den Erhalt der Ruine der Herrenhauses aufwenden wollte und schon einen Abrißantrag beim Landkreis Teltow-Fläming gestellt hatte. Dadurch wachte das Landesdenkmalamt auf, verhinderte den Abriß, und das Land Berlin stellte die Ruine zum Verkauf. Trotz des vollständigen Verfalls des Herrenhauses war dann aber beim Beginn der Arbeiten 2015 bald klar, welches Potential darin steckte.
Dabei achteten die Bauherren darauf, das Herrenhaus soweit wie möglich originalgetreu wiederaufzubauen und die anschließenden Neubauten nicht etwa historisierend anzufügen. Die singuläre Stellung des Herrenhauses wird vielmehr durch eine die 30er-Jahre-Architektur weiterentwickelnde moderne Architektur der vier Reihen- und des Doppel-Hauses unterstrichen. Beim Herrenhaus nun kam es vor allem darauf an, anhand von Photographien aus den Jahren um 1920 die drei Ziergiebel aus der Renaissance wiederherzustellen. Dabei wurde natürlich mit den Denkmalbehörden von Land und Kreis einschließlich Bauforschung, Archäologie und Restaurator zusammengearbeitet.
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Die Ruine, die zuletzt auch als wilde Mülldeponie genutzt worden war, zeigte keine Reste der ursprünglichen Raumaufteilung mehr. Es fehlten auch Dokumentationen, die den inneren Zustand des Hauses vor dem Verfall gezeigt hätten. So entstand das architektonische Konzept, die äußere Gestalt des Renaissance-Baus wiederherzustellen und im Inneren eine an heutige Wohnbedürfnisse und administrative Vorgaben angepaßte Raumgestaltung aufzubauen. Noch vorhandene Mauerreste im Inneren wurden in das Konzept eingearbeitet.
Signifikant blieben aus der Bauzeit im 16. Jahrhundert die zurückspringenden Sparbögen um die Fenster, die nicht nur malerisch sind, sondern damals auch den simplen Zweck hatten, die teuren Baustoffe zu sparen. Auffällig waren auch zwei Innentoiletten, eine rare Einrichtung in Bauten dieser Epoche: Zwei Nischen in den etwas mehr als ein Meter dicken Mauern im großen Saal im 1. Obergeschoß und im gegenüberliegenden kleinen Raum im Südflügel gaben Platz für zwei Aborte, die mittels in die Mauern eingearbeiteter Röhren ihre Fracht direkt hinunter zu Entleerungsöffnung an der Außenwand auf Bodenhöhe schickten, wo dann offenbar Gefäße zum Auffangen bereit standen. Bemerkenswert war ferner, daß nur über der Küche ein feuerfestes Steingewölbe ausgeführt war und ein kleines Zimmer im Erdgeschoß auf der Rückseite der Küche unmittelbar über den Küchenkamin mitgeheizt wurde - offenbar im Winter das einzige einigermaßen warme Zimmer im Herrenhaus.
Der Ursprungsbau zeichnete sich nicht nur durch eine wilde Mischung von Ziegeln und Granitsteinen aus, die wohl auf den Feldern aufgesammelt und in das Mauerwerk eingefügt worden waren; stellenweise waren die Steine auch nur mit Lehm verfugt worden. Bemerkenswert ist auch, daß die alten Handwerker keinen Wert auf rechte Winkel legten. So ist insbesondere der Westflügel, in dem sich die Schloßküche befand, leicht schräg und kalt (d.h. ohne Verzahnung der Mauern) angefügt. Die drei Flügel sind insgesamt rautenförmig ausgebildet. Die neue Raumgliederung wurde dieser Form angepaßt, so daß sich nun in den Wohnungen der drei Geschosse eine wie selbstverständlich angelegte und in Teilen offene Raumstruktur zeigt. Die in die Eingangshalle eingefügte, aufwendig geschwungene neue Treppe ist aufgrund unterschiedlicher Geschosshöhen und ihrer an die Raute angepassten Form eine handwerkliche Meisterleistung - übrigens polnischer Schreiner.
Eine besondere Aufgabe waren die Balkone, über die der Ursprungsbau natürlich nicht verfügte, ohne die aber heute kaum noch eine Wohnung angeboten werden kann. Um den Baukörper so wenig wie möglich zu stören, wurden die beiden Balkone der größeren Wohnungen im 1. Obergeschoß als vom Herrenhaus losgelöste Vollkreise ausgebildet, die auf nur einer filigranen Stahlsäule vor der Fassade stehen. Die beiden kleineren Balkone im 2. Obergeschoß orientieren sich im hinteren Hof zur Kirche hin und schweben über der Fassade.
Zuletzt steht jetzt noch die Restaurierung der beiden Bären-Figuren auf den beiden Torpfosten an, die Wiederherstellung des Tores ingesamt und der Mauer vor dem Herrenhaus. Dann prägt der prächtige und majestätische Bau von 1565 vollständig wiederhergestellt wieder das Dorf Kleinbeeren und kann gewiß auf weitere Jahrhunderte seines Bestehens schauen.
Hubert Eilers Architekt BDA